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Allgemein / Meditation

Der Wert einer Tradition

Meditation ist eine sehr persönliche Sache. Bei nichts anderem in deinem Leben bist du mehr „bei dir selbst“. Es ist ein subtiler Vorgang, der alle Aspekte deines Lebens beeinflussen kann. Du öffnest dich ganz für dich selbst, verfeinerst dich und lässt dich auf einen zarten, empfindsamen, manchmal sehr sensiblen Zustand ein. All das sind Dinge, auf die du dich ganz sicher nicht mit jedem Menschen einlassen möchtest.

Deswegen ist die Wahl eines geeigneten Lehrers und einer geeigneten Tradition sehr wichtig. Gerade zu Beginn deiner Praxis ist wohl kaum eine Frage schwieriger als diese. Denn wer weiß schon ganz am Anfang, auf welche Faktoren es ankommt? Was einen „echten“, authentischen Lehrer ausmacht und was diesen von einem oberflächlichen Kopisten mit etwas Wissen aus ein paar Büchern, der einfach auf der Trendwelle mitsurft, unterscheidet. Das gleiche gilt für die Wahl einer Tradition, Schule oder Strömung. In den letzten zwei Jahrzehnten sind so viele Methoden, Lehrer und Schulen „auf den Markt“ gekommen, das es schwer ist, einen Überblick zu behalten.

Ein persönliche, intuitive Entscheidung

Letztendlich ist es eine sehr persönliche und intuitive Entscheidung. Du musst dich mit dem, was du tust zu 100% wohl fühlen. Und oftmals ist es so, das wenn das richtige Angebot vor dir liegt, die Entscheidung vollkommen klar ist – ohne irgendein Zögern und ohne wenn und aber.

So war es auch bei mir, als ich das erste Mal von Transzendentaler Meditation und Maharishi Mahesh Yogi gehört hatte. Ich wusste einfach: das ist es! Keine weiteren Fragen und keine Unsicherheiten. Und das hat sich bis heute so bestätigt. Natürlich kamen im Laufe der Zeit auch Fragezeichen auf. Das ist ganz normal. Aber in der dann folgenden Reflexion hat sich der Weg immer wieder – und immer klarer – als der richtige erwiesen.

Für mich war von Anfang an wichtig, dass da eine Tradion im Hintergrund steht, die auf Jahrhunderte, wenn nicht auf Jahrtausende von menschlicher Erfahrung zurück blicken kann. Im Falle von Transzendentaler Meditation ist es die Shankara-Tradition, die auf den indischen Weisen, Heiligen und Yogi Shankara zurückzuführen ist. Dieser lebte von 788 bis 820 in Südindien. Später wurden zu seinen Ehren die vier Shankarasharya-Sitze ins Leben gerufen – heute die wichtigsten spirituellen Autoritäten in Indien.

Wenn du eine Methode praktiziert, die es erst seit 10, 20 oder 50 Jahren gibt, wie kann man sich dabei sicher sein, wie sich diese Praxis langfristig auf dich auswirkt? Es gibt einfach keine Erfahrungswerte. Ein Risiko, das ich persönlich niemals eingehen würde…

Guru – Lehrer in absoluter Liebe

Das Guru-Prinzip ist das im Westen wohl am meisten mißverstandene Prinzip der spirituellen Traditionen Indiens. Da kommen Fragen auf wie „macht es Sinn, einem Guru hinterher zu laufen?“ oder Statements wie „der ist der absolute Oberguru“ auf diesen und jenem Gebiet. Das impliziert, das ein Guru eine charismatische aber streng autoritäre Person sei, die keinen Widerspruch duldet und eine uneingeschränkte Gefolgschaft verlangt.

Ein echter Guru ist in reiner Liebe seinen Schülern gegenüber…

Ein echter Guru ist genau das Gegenteil. Er ist eine Person in reiner Liebe seinen Schülern gegenüber. Er verzeiht jeden Fehler und jede Dummheit – denn er kennt das Leben mit all seinen Fallstricken. Natürlich ist ein Guru in gewisser Weise imme eine charismatische Person, denn er ist das, was ein Lehrer immer sein sollte: Ein Mensch, der lebt was er lehrt. Und wenn er geistige Vervollkommnung lehrt, dann sollte er zumindest ein gutes Stück weit in diese Richtung fortgeschritten sein.

Wenn wir uns eine universelle Entwicklungsleiter vorstellen und jeder Mensch steht in seiner Entwicklung irgendwo auf dieser Leiter, dann ist das universelle Prinzip, das immer diejenigen, die ein paar Stufen „weiter“ sind, diejenigen unterrichten, die diese Stufen noch nicht erklommen haben. Jemanden, der zu weit weg ist in seiner Entwicklung, wirst du kaum verstehen, und jemand der nur 2-3 Stufen weiter ist, wird dir nicht genug vermitteln können.

Traditionen bringen manchmal merkwürdige Dinge mit sich. Denn natürlich hat man vor ein paar hundert Jahren die Dinge anders formuliert und ist anders damit umgegangen. Da gibt es Zeremonien oder besondere, manchmal fremd anmutende Gepflogenheiten, die uns vielleicht heute etwas „komisch“ vorkommen. Aber sie haben ihren Grund. Nicht von ungefähr wurde das Wissen auf diese Weise tradiert und nicht auf irgendeine andere. Spirituelles Wissen kann niemals nur auf rein intellektuelle Weise weitergegeben oder erlangt werden. Es ist immer ein ganzheitlicher Vorgang, bei dem alles mit beteiligt ist: Der Intelekt, alle Sinne, das Herz, unser ganzes Sein… von daher – was spricht dagegen, sich ein Stück weit auf diese alten Rituale einzulassen?

Spirituelles Wissen kann niemals nur auf rein intellektuelle Weise weitergegeben oder erlangt werden

Eine Tradition gibt dir also Sicherheit. Sie gibt dir die Sicherheit, dass auch schon lange vor dir Menschen diesen Weg erfolgreich gegangen sind. Und sie gibt dir die Sicherheit, das du keine Methode praktizierst, die irgendeiner modischen Strömung entspringt, die irgendein kurzfristiges Bedürfnis einiger deiner Zeitgenossen befriedigt. Denn es geht letztendlich um viel mehr, als „nur“ besser mit Stress umzugehen oder besser schlafen zu können. Es geht um deine ganzheitliche persönliche Entwicklung, für die du dich in diesem Moment entscheidest und die dir die Möglichkeit geben soll, alles zu erreichen, was ein Mensch erreichen kann – geistig, seelisch, spirituell und körperlich…

Bei aller Verschiedenheit sind die Menschen in allen Kulturen physiologisch doch fast gleich

Letztendlich bauen alle großen Traditionen auf universelle Prinzipien auf, die die Prinzipien des Lebens an sich sind. Würden sie es nicht tun, wären sie keine große Tradition. Und weil es universelle Prinzipien sind, sind sie auch für alle Menschen gleichermaßen praktizierbar und anwendbar. Denn trotz aller Verschiedenheiten sind die Menschen überall auf der Welt in allen Kulturen fast gleich. Jeder Mensch hat ein Gehirn und ein Nervensystem. Jeder Mensch – egal wo auf der Welt – hat Probleme mit Stress, mit seinen Mitmenschen, mit seinen Aufgaben…

Daher kann eine universelle Methode auch überall erfolgreich praktiziert werden. Sie kommt zwar aus einer bestimmten Kultur und hat daher den zu dieser Kultur gehörigen Anstrich. Aber in ihrer Essenz ist sie universell und verträgt sich daher mit allen anderen Kulturen und z.B. auch Religionen. D.h. richtige Meditation ist universell und unterstützt die Menschen bei allem was sie tun – auch ihrer religiösen Praxis – und auch wenn diese aus einer ganz anderen Kultur stammt. Es geht also bestens zusammen, wenn jemand eine aus Indien stammende Meditation praktiziert und von ihr profitiert und gleichzeitig ein gläubiger Christ ist. Denn die grundlegenden Werte von beidem sind sehr ähnlich – auch wenn so mancher kirchliche Hardliner das nicht wahr haben will…

Letztlich geht es darum, eine wahrhaftige spirituelle Autorität zu finden und sich nicht in einem esoterischen „Mambo-Jambo“ zu verfangen. Das geschied leider viel zu häufig. Man kann sehr viel Zeit damit verbringen, auf dem spirituellen Jahrmarkt von einer Attraktion zur nächsten zu springen. Dagegen ist auch gar nichts einzuwenden. Aber wirklich zielführend ist es nicht. Natürlich ist es ein großes Glück, einen passenden Lehrer und eine authentische Tradition zu finden, dass nicht jedem sofort zuteil wird. Aber ein wahrhaft Suchender wird immer finden…